Schutzdach für einen Monorail-Haltepunkt (2009)

    • Offizieller Beitrag

    Schönen Montag zusammen,


    als Abschluss meiner historischen Monorail-Tetralogie (Teil 1: Graues Monorail-Rampengebäude, Teil 2: Tiefliegender Haltepunkt, Teil 3: Hochliegender Haltepunkt) folgt hier nun ein Rückblick auf eines meiner gewagtesten (und seither nicht wieder versuchten geschweige denn vollendeten) Projekte. Es hat ein Vorbild "aus der Wirklichkeit":



    Es ist - zugegeben - sehr schwer zu erkennen, handelt es sich doch um nichts anderes als um die Eck-Verstärkung eines Holzkästchens, in dem in Wien die berühmten "Sachertorten" verpackt zu werden pflegen. So eine Messingecke ist dort nicht in der Vorstellung angbracht, bis zum jüngsten Tag zu halten, und so war es keine Überraschung, dass sie sich schon wenige Tage nach dem Verzehr der Torte vom Kästchen löste und auf meinem Tisch lag.


    Hm, dachte ich da.


    Kennt jemand dieses "Hm"? Es stellt sich bei einem AFOL ein, wenn er etwas sieht und denkt: "Hm - wie könnte man das in LEGO bauen?"

    Und da ich gerade ohnehin mit einem Monorail-Projekt beschäftigt war, dachte ich also bei mir: Wie kriege ich es hin, dass das ein Dach wird? Denn unter den Bögen sah ich vor meinem geistigen Auge bereits Züge fahren.


    Desweiteren spukte in meinem Kopf seit langem schon der Bahnhof Lyon-Satolas* herum, ein in Fachkreisen ziemlich bekannter Bau des Architekten Santiago Calatravas, dessen Arbeiten ich ja ganz toll finde. So sieht dieser Bahnhof aus:



    *Das Bahnhof ist offiziell nach dem französischen Flugpionier Antione de Saint-Exupery benannt, der sich auch als Autor des weltberühmten Buches "Der kleine Prinz" hervorgetan hat.


    Und so ging ich ans Werk ...


    Zunächst mussten die drei Seiten gebaut werden.



    Den stabilen rechten Winkel oben bildet eine transparente 16x16-Platte.

    Die Schenkel werden durch eine Biegung verbunden.

    In diesem Bild ist die Befestigung des Bogens mit der Platte noch nicht endgültig gelungen ...



    Ich überspringe jetzt mal ein paar vergebliche Versuche und Vorstufen, sondern präsentiere gleich die Bautechnik, die sich dann durchsetzten konnte. Es war ausgesprochen hakelig, die drei Seiten miteinander zu verbinden, und es hatte ein Weilchen gedauert, bis ich auf die Idee kam, die Kante des Tisches mit einzubeziehen.



    Hier das Bauprinzip der Verbindung: Ein 2x2-Stein auf einem Drehteller, der die Ecke der Grundplatte abschließt.



    Damit waren die Grundfragen gelöst: Das Ding stand, wenn auch alles andere als "stabil". Im Gegenteil: Es war - einmal aufgerichtet - praktisch nicht zu bewegen, weil die Verbindung Bogen-Grundplatte ausgesprochen zerbrechlich war. Und ein Zug passte - wen überrascht das? - natürlich nicht drunter.


    Es gab also noch einiges zu tun!


    (Fortsetzung folgt!)

    • Offizieller Beitrag

    Willkommen zurück!


    Es gab also zwei Problemfelder zu lösen:

    1. Auf welchem Fundament soll das Dach ruhen?

    2. Wie kann ein Zug drunterpassen?



    Von Anfang an stand fest, dass der Kopfbahnhof zweigleisig mit einer Weiche zum bequemen Wenden des Zuges ausgeführt werden sollte. Ein von unten beleuchtbarer, in transparenten Steinen ausgeführter Bahnsteig sollte für genügend Licht bei Nacht sorgen.



    Wie ich bei Durchsicht meiner seit einem Jahrzehnt unberührt in meinem Archiv schlummernden Dokumentation entdecke, hatte ich offenbar an die Errichtung eines Portals gedacht, das das sog. "Lichttor" aus einem Vorgängerbau aufnehmen sollte. Man erkennt leicht, dass die Entscheidung, wie herum das Dach überhaupt errichtet werden sollte, noch gar nicht endgültig gefallen war.



    Das Tor hätte dann diesen recht konventionellen Blick auf den Bahnsteig ermöglicht:



    Ein erster Versuch, über eine Verlängerung der Schenkel zur gewünschten Erhöhung des Daches zu kommen, sah - optisch unbefriedigend - leider so aus:



    Die eigentliche Idee wäre damit zuschanden gegangen, daher musste ich mir etwas anderes einfallen lassen. Nun kommt zum Tragen, dass ich kein "Technic"-Freund bin und mein Umgang mit diesem Material nicht immer ganz glücklich verläuft. Mir kam also nichts Besseres in den Sinn, als das Dach erstens zu drehen und zweitens einfach aufzubocken und die Lücke zwischen den Dreiecken auf den Technic-Zapfen zu stecken. Da kam das Material an seine Grenzen, und ich musste viel probieren, denn es muss nicht groß erwähnt werden, dass das Dach ziemlich schwer geraten war.



    Optisch alles andere als überzeugend, aber wirkungsvoll: Der Zug passte - aber auch nur gerade so eben, wenn man berücksichtigt, dass eine Hand zum Bedienen der Stopper auch "untergebracht" werden musste - unter der Biegung hindurch. Problem gelöst - aber das Dach stand nun schief ...



    Ein anderes Thema war dann, für die beiden vorderen Schenkel irgendwie ein Lager zu finden. Denn es erschließt sich jedem auch nur etwas mit der Materie Vertrauten, dass an eine Unterbringung im Noppenraster und -system nicht zu denken war. Im Bild sieht man im Vordergrund, dass die Schenkelenden locker auf einer 2x2-Fläche aufliegen sollten. Schön erkennbar ist auch, wie unverschämt breit der Bau geraten war.



    Es folgen ein paar technische Detailaufnahmen. Kitzelig wird es ja immer bei den Übergängen, wenn man nach dem außersystemischen Ausflug wieder den Anschluss an das Raster des Noppensystems finden will:



    Die aufgegebene Idee des "Lichttores" findet eine Wiederverwendung bei der Gestaltung der Schenkel.



    Überflüssig zu erwähnen, dass die schwarzen Lampensteine damals nicht ausgereicht haben, um alle Schenkel gleichermaßen zu gestalten. Wir schreiben das Jahr 2009, und meine eigentliche "Lego-Karriere" befand sich noch in den Anfängen. Aber der Mut, etwas zu wagen, war schon recht weit entwickelt ...


    Dann geschah etwas sehr Merkwürdiges: Den Dachseiten wuchsen Flügel. Oder was immer das sein sollte. Aber seht selbst:



    Klar zu sehen: Die durchsichtigen Steine - mit bunten bereits gestreckt - reichten nicht, um alle drei Seiten gleichermaßen zu bebauen. Völlig abgesehen davon, dass man über den optischen Eindruck geteilter Meinung sein kann, war damit ein technisches Problem geboren, das dem Entwurf noch das Genick brechen sollte: Das Zusatzgewicht dieser Flügel belastete ausgerechnet den Punkt, an dem der Bogen des Schenkels mit der transparenten 16x16-Platte verbunden war, er zog die Verbindung nach außen und machte die Konstruktion noch zerbrechlicher. Und - wie bereits erwähnt - die Transportfrage war völlig ungeklärt. Was heute - nach einem Jahrzehnt des Gelingens und Scheiterns am Bautisch - inzwischen zu den ersten Fragen gehört, die zu klären sind, bevor ich überhaupt einen Stein auf den anderen setze, war damals ein vernachlässigtes Thema: Wo pack ich das Ding an? In welcher Box reist es? Wieviel Transport-Stress hält es aus?


    Aber - wie gesagt - vor zehn Jahren war meine Lego-Bau-Welt noch hell und frei von solchen Fragen, die einem schon mal eine schlaflose Nacht bereiten können ...


    In der Hoffnung, euch mit meinem Essay nicht gelangweilt zu haben, bereite ich geistig schon mal eine weitere Fortsetzung dieses Beitrages vor.


    Bis bald also und frohen Gruß

    Andreas






    • Offizieller Beitrag

    Irgendwann also war das Schutzdach genannte Gebilde "fertig" und konnte in der vollen Pracht der Berliner Mittagssonne fotografiert werden:



    Die öffentliche Präsentation ging jedoch leider in die Hose. Beim Aufbau der Gesamtanlage, von dem dieses Schutzdach lediglich ein Teil sein sollte, gelang es mir - trotz engagierter Hilfe von Kollegen - leider nicht, die Flügel zusammenzubringen. Was im Wohnzimmer noch gehalten haben mochte, hielt in der Luft des FEZ in der Wuhlheide einfach nicht. Ich war ziemlich verzweifelt, musste ich doch eine hässliche Lücke auf meiner Anlage lassen ...



    Man sieht das ganze Elend: Die Fläche ist beansprucht, die Widerlager stehen, dier Zapfen ist errichtet - allein das Dach ruht halbkaputt in einem Karton unter dem ohnehin schon gut gefüllten Tisch.


    Mir blieb nur die Überarbeitung des Schutzdaches - und die Suche nach einer Wiederverwendung. So schnell wollte mich ja nun nicht geschlagen geben :-))



    Das Dach war in dieser beleuchteten Variante Teil der Beiträge, die ich für die Bricking Bavaria in München und die FanWelt in Köln im Jahre 2012 beigesteuert habe.



    Eine weitere Verwendung ergab sich im Jahre 2015, als im Rahmen unserer ersten Ausstellung als frisch gegründeter Verein Schwabenstein 2x4 in Trossingen die Vitrinen des dort ansässigen Auberlehauses bestückt werden mussten. Gut erkennbar ist, wie ich das Transportproblem inzwischen gelöst hatte: Man sieht die Bindfäden in der Dachkonstruktion? An diesen konnte ich den gesamten Bau perfekt anheben - wie mit einer Art Kran.

    Um die Wirkung zu erhöhen, liegt in der Mitte der Bodenplatten ein Spiegel im passenden Format.


    Es war dann in dieser Form auch noch einmal längere Zeit in Kaiserslautern im Rahmen der "Gartenschau" zu sehen, bis es dann schließlich im Jahre 2017 den Weg aller MOCs ging: es wurde geschreddert.



    Bei der Gelegenheit des Waschens der völlig verstaubten und verdreckten Steine entstanden diese Bilder von zufällig vom Waschvorgang erzeugten Kompositionen ...


    Ende der Dokumentation. Ich danke herzlich für die Aufmerksamkeit!


    Mit frohem Gruß

    Andreas